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Rapid-Wirtschaftsboss Christoph Peschek bezieht gegenüber ÖSTERREICH Stellung über die aktuelle herausfordernde Situation des SK Rapid Wien.

Bleiben die Sponsoren? Wann dürfen wieder alle Fans in Stadion? Wann gibt es Hilfe von der Politik? Kommt Rapid in den Europacup? Viele Fragen, noch kaum Antworten. Der Rekordmeister kämpft um das wirtschaftliche Überleben. Jetzt bezieht Wirtschaftsboss Christoph Peschek gegenüber ÖSTERREICH klar Stellung. Seine Kernaussage: "Es ist herausfordernd, aber ich bin nicht im Panikmodus." Warum? Das erklärt der 36-Jährige im Detail.

Die Finanz-Schlinge zieht sich enger um Rapid, die Wiener zittern um das wirtschaftliche Überleben. Durch die fehlenden Zuschauereinnahmen nach Corona ist ein Millionen-Schaden entstanden. Jetzt gibt's die nächste Hiobsbotschaft: Groß-Sponsor Cashback World, der jährlich 1,8 Millionen Euro zahlte, steigt nach fünf Jahren aus. "Wir wussten bereits einige Zeit davon und haben aufgrund der kaufmännischen Sorgfaltspflicht das Ende der Partnerschaft für die Planungen der kommenden Saison schon berücksichtigt. Wir bedanken uns für die Jahre der Zusammenarbeit", erklärt Peschek. Damit aber nicht genug: Auch Ottakringer und Hauptsponsor Wien Energie drohen nach dem Skandal-Plakat der Fans (ÖSTERREICH berichtete) mit der Vertragsauflösung.

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Droht Rapid ein Finanz-Chaos? Peschek spricht Klartext
© GEPA
× Droht Rapid ein Finanz-Chaos? Peschek spricht Klartext

"Eine interessante Werbefläche wird frei"

Peschek ist aber nicht im Panikmodus: "Die Arbeit der letzten Jahre beweist, dass Rapid ein sehr attraktiver Partner mit viel Leidenschaft und Emotionen für Sponsoren ist. Das gibt eine Zuversicht, dass es auch jetzt gelingen wird, auch, wenn es aufgrund von Corona nicht leichter wird.“ Die Suche nach einem Nachfolger für Cashback World läuft bereits, es wird „eine interessante Werbefläche frei“. Allerdings spürt Rapid, dass auch die Unternehmen hart mit der Corona-Krise zu kämpfen haben. „Corona wirkt sich in der gesamten Gesellschaft und der Wirtschaft aus, und ist für alle eine Herausforderung. Natürlich hat uns das alle mit einer enormen Wucht getroffen, für viele Unternehmen und auch für uns ist das aktuell ein enormer Kraftakt.“

Rapid-Fans bleiben großteils treu

Die wirtschaftliche Situation bei Rapid ist angespannt. Peschek bezeichnet sie als „herausfordernd“. Aber: „Mit dem Zusammenhalt aller Rapidler werden wir es schaffen.“ Von den Fans gibt es Unterstützung: „Mit Stand heute haben 78% der Jahreskartenbesitzer ihre Wahl, ob sie die vergangenen Spiele ohne Zuseher finanziell rückerstattet haben wollen oder darauf verzichten, getroffen und davon haben rund 90% die Rückerstattung verzichtet. Und: Von den Abo plus Abonnenten, bei denen die Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist, haben rund 90% ihr Abo für die kommende Saison auch schon verlängert. Das sind rund 4.700 Abos zusätzlich zu den rund 1.700 Business-Seats.“  Aber auch Peschek ist sich bewusst: Solange nur Teile des Stadions mit Fans gefüllt werden dürfen, wie es von der Regierung ab September vorgesehen ist, wird es für Rapid finanziell kritisch.

Droht Rapid ein Finanz-Chaos? Peschek spricht Klartext
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„Das mit den 10.000 Zuschauern ist der heutige Wissensstand, aber es wird nicht das Ende der Fahnenstange sein. Hoffentlich wird man sich im zweiten Schritt, im Idealfall sogar schon mit Meisterschaftsstart, eher am Fassungsvermögen orientieren, also prozentuell. Zum Beispiel 70% Stadionauslastung. Und dann im nächsten Schritt, so es die gesundheitlichen Möglichkeiten zulassen, hoffe ich wieder auf Vollauslastung in den Stadien“, fordert Peschek. Mit den Aboverkäufen für die nächste Saison will Rapid in den kommenden Tagen beginnen.

Hoffnung auf Unterstützung der Politik

Eine zusätzliche Geldquelle erhofft sich Peschek von der Politik. „Ich bin sehr optimistisch und gehe davon aus, dass wir zeitnah eine Lösung präsentiert bekommen und es wie für alle anderen wirtschaftlichen Unternehmen auch, bald eine staatliche Unterstützung für den Profi-Sport gibt - ich glaube nicht, dass es sich noch um Wochen handeln wird.“ Sobald das Geld da ist, kann Rapid konkreter für die neue Saison planen - auch personell.

Derzeit scheint es so, als müsste man für den wirtschaftlichen Fortbestand Leistungsträger verkaufen. Knipser Taxi Fountas (Interesse aus Stuttgart), Dejan Ljubicic (England) oder Youngster Yusuf Demir werden häufig als mögliche Abgänge genannt. Davon will Peschek nichts wissen: „Wir werden wie immer sorgsam und vernünftig agieren und uns nicht durch äußere Einflüsse beirren lassen. Wir werden sicher keinem Spieler ein Preisschild umhängen und Basar spielen.“

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Causa-Schwab: "Versuchen unser Möglichstes"

Auch in der Causa Stefan Schwab ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der 29-Jährige betont: „Der Ball liegt auf der Vereinsseite. Es war nicht so, dass ich in den letzten Wochen irgendwas zum Unterschreiben vorgelegt bekommen hab.“ Immer wieder hört man von Seiten der Verantwortlichen, dass man mit Schwab unbedingt verlängern will. Coach Didi Kühbauer sagte zuletzt: „Ich kann es mir ohne ihn nicht vorstellen.“ Peschek will sich in dieser Causa keine Deadline setzen, sagt: „Wir versuchen, unter den gegebenen Rahmenbedingungen bestmöglich zu agieren.“ Schwab betont immer wieder, dass Rapid seine erste Wahl ist. Parallel dazu hört er sich aber auch im Ausland um: England ist für ihn kein Thema, nur die italienische Serie A käme in Frage. Bruder und Berater Roland soll laut ÖSTERREICH-Informationen zuletzt Gespräche mit Abstiegskandidat Lecce geführt haben.

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Keine Planungssicherheit nach Vizemeister-Titel

Rapids schwierige finanzielle Lage wird auch durch den ersten Vizemeister-Titel seit 2016 nicht besser. Im Gegenteil: Für eine europäische Gruppenphase müssen die Hütteldorfer drei Quali-Runden überstehen, Planungssicherheit gibt es keine. Ob man einen europäischen Herbst vor sich hat, weiß der Rekordmeister frühestens Mitte September. Peschek dazu: „Zunächst einmal ist Rang 2 ein toller Erfolg, da möchte ich der Mannschaft und dem Trainer-Team wirklich gratulieren. Natürlich wäre es ein Traum, Champions League zu spielen. Aber es gibt auch Szenarien, dass wir es nicht in eine Gruppenphase schaffen oder in die Europa League kommen. All diese Szenarien werden jetzt durchgerechnet.“ Zum Vergleich: Der WAC kann als Tabellen-3. fix für die Europa-League-Gruppenphase planen, hat Einnahmen in Höhe von rund 3 Millionen Euro schon sicher. Nicht umsonst hatte Rapid-Sportboss Zoki Barisic zuletzt gesagt: „Ehrlich gesagt ist Platz drei besser.“

Klar ist: Die finanzielle Lage bei Rapid ist angespannt. Viele Fragezeichen, wenig Antworten - der Sommerurlaub für die Vereinsbosse fällt heuer wohl flach.

Philipp Scheichl

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