Missbrauchsvorwürfe

Wirbel um pikante WhatsApp-Nachrichten

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Schwere Vorwürfe gegen Ex-ÖSV-Trainer Kahr - Anwalt: 'Das stimmt alles nicht'.

Der von Ex-ÖSV-Trainer Karl "Charly" Kahr gegen eine ehemalige Skirennläuferin und deren Ehemann angestrengte Prozess wegen übler Nachrede hat am Freitag am Bezirksgericht Bludenz pikante WhatsApp-Botschaften öffentlich gemacht. Der Mann der früheren Sportlerin brachte schwere Vorwürfe gegen Kahr vor. Ein Ende des Prozesses war am Freitag nicht absehbar. Einen Vergleich lehnten beide Seiten ab.

Kahrs Anwalt Manfred Ainedter sprach von einem Überschwappen der "MeToo"-Debatte, seitdem kursierten in den Medien alle möglichen Anschuldigungen, auch gegen seinen Mandanten. Dieser habe ihm versichert: "Das stimmt alles nicht". Nun bestehe die Gelegenheit, "die Sache von einem ordentlichen Gericht klären zu lassen".

Umgekehrt meinte Martin Mennel als Rechtsanwalt der zwei Beklagten: Wenn Herr Kahr das wünsche, werde man ihm beim Erinnern behilflich sein. Man werde den Wahrheitsbeweis antreten.

"Dein Entjungferer Charly"

Zu klären war am Freitag, ob WhatsApp-Nachrichten des Ehepaars an den ehemaligen Skistar Annemarie Moser-Pröll den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Der Mann hatte am Silvesterabend 2017 Moser-Pröll geschrieben, dass sie sich schämen solle, Kahr in Schutz zu nehmen. Kahr und Toni Sailer hätten "viele Mädchen missbraucht und gebrochen". Die Ex-Sportlerin schickte wiederum Moser-Pröll ein Foto von Kahr, versehen mit dem Text: "Dein Entjungferer Charly. Du warst noch keine 16 Jahre alt".

Der Ehemann schilderte in seiner Befragung in Medien schon kolportierte Übergriffe auf seine Frau, von denen sie ihm mehrfach und wiederholt erzählt habe. Seinen Äußerungen zufolge habe Kahr seine Gattin zum Oralverkehr zwingen wollen und betrunken auch eine Vergewaltigung versucht. Seine Frau habe auch mitbekommen, wie Kahr mit Moser-Pröll Geschlechtsverkehr gehabt habe.

Moser-Pröll: "Ich habe ihn geliebt"

Die ehemalige Skirennläuferin sagte aus, die damals 15-jährige Moser-Pröll wäre im Jänner 1969 bei Rennen in Frankreich ins Zimmer gekommen und habe ihr erzählt, Kahr habe sich soeben an ihr vergangen. Die sehr aufgewühlte Moser-Pröll hätte gemeint: "Es hat mir schon wehgetan". Ihrer Wahrnehmung nach hätte Moser-Pröll nach dem Geschlechtsverkehr Kahr "in der Hand" gehabt, sagte die ehemalige Sportlerin. Im Jänner dieses Jahres, nach der WhatsApp-Nachricht, hätte ihr Moser-Pröll in einem Telefonat anvertraut: "Ich habe ihn geliebt".

Sowohl die ehemalige Skirennläuferin wie auch ihr Mann betonten, dass die Äußerungen Moser-Prölls in der Öffentlichkeit der Grund für die WhatsApp-Nachrichten gewesen seien. Die Nachrichten seien für niemand anderen als für Moser-Pröll bestimmt gewesen. "Es ist mir unerklärlich, dass sie sie in die Öffentlichkeit gebracht hat", stellte die ehemalige Teamkollegin von Moser-Pröll fest. Die Verhandlung vor dem Bezirksgericht war "open end" angesetzt, sowohl Kahr als auch Moser-Pröll waren um 17.00 Uhr noch nicht zu Wort gekommen.

Kahr wies Anschuldigungen vehement zurück

Ex-ÖSV-Skitrainer Karl "Charly" Kahr hat bei seiner Befragung am Bezirksgericht Bludenz sämtliche gegen ihn erhobenen Anschuldigungen vehement zurückgewiesen. Über die WhatsApp-Nachrichten sei er schockiert gewesen, immer wieder stellte er auf die Fragen der Richterin fest: "Das stimmt nicht". Er könne sich nicht erklären, weshalb die ehemalige Rennläuferin diese Vorwürfe erhebe.
 
Der 85-Jährige betonte dezidiert, dass er "solche Dinge" nie getan habe - er habe in seinem Leben niemals jemanden vergewaltigt, noch sei er in Zimmer von Rennläuferinnen gegangen. Er habe nie Sex mit einem Mitglied des Damen-Skiteams gehabt, auch nicht nach seiner Zeit als Damen-Trainer. Grundsätzlich stellte Kahr fest: "Ich habe nicht auf so einem Niveau gelebt. Ich weiß nicht, wo das herkommt." Als Moser-Pröll ihm die WhatsApp-Nachrichten gezeigt habe, sei für ihn "etwas zerbrochen. Ich habe eine wunderbare Familie und Enkel. Ich konnte das nicht so stehen lassen", betonte Kahr.
 
Von Anzüglichkeiten oder Alkoholexzessen in den österreichischen Skiteams in den 1960er und -70er-Jahren wusste Kahr nichts. Man habe ja Leistung bringen müssen und habe Verantwortung getragen, unterstrich Kahr. Auf entsprechende Nachfrage sagte er, dass auch Toni Sailer nicht mehr getrunken habe als "jeder normale Mensch". Ob die Gefahr bestehe, dass durch eine der WhatsApp-Nachrichten sein Ansehen bei Annemarie Moser-Pröll beeinträchtigt werde? "Ganz sicher", zeigte sich Kahr überzeugt.


Moser-Pröll: "Ich habe schlaflose Nächte"

Ex-Skistar Annemarie Moser-Pröll hat wie ihr ehemaliger Trainer Karl Kahr alle Vorwürfe von sexuellen Übergriffen im Damen-Skiteam der 1960er- und 70er-Jahre ins Reich der Unwahrheiten verwiesen. Sie könne die Aussagen der Beklagten in keiner Weise nachvollziehen. "Das ist nicht mehr normal", zeigte sich Moser-Pröll entsetzt. Sie habe seit dem Erhalt der WhatsApp-Nachrichten schlaflose Nächte.
 
Durch die WhatsApp-Nachrichten sei sie "in etwas gedrängt worden, von dem ich nichts weiß". Sie habe nie etwas von sexuellen Übergriffen mitbekommen. Zu Kahr habe sie immer ein gutes, freundschaftliches Verhältnis gehabt, das werde auch immer so bleiben.
 
"Ich bin von Kahr weder sexuell belästigt, noch missbraucht, noch von ihm entjungfert worden", betonte sie. Den "Charly" hätten die jungen Rennfahrerinnen alle geliebt, weil er sie weitergebracht habe, "auf den sind alle abgefahren". Das sei aber nichts Amouröses gewesen. Auch Toni Sailer nahm sie dezidiert in Schutz. Er sei immer ein großes Vorbild gewesen, jetzt werde er dargestellt "wie der letzte Dreck".
 
Ihr Verhältnis zur ehemaligen Rennfahrerkollegin stellte sie anders dar als die Beklagte. Sie hätten sich gut verstanden, seien aber nicht beste Freundinnen gewesen. "Dazu war ich zu sehr Rennfahrerin", bekannte sie. Als Motiv für die Aussagen der Beklagten konnte sie sich vorstellen, dass deren eigene Karriere ins Stocken geraten war und sie in ihrer Schwester die Schuldige dafür gesehen habe. Zwischendurch wurde Moser-Pröll auch emotional: "Schämt's euch!", rief sie den beiden Beklagten zu.
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