NHL-Legionär im Interview

Grabner: 'Rossi kann nächster Star werden'

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NHL-Legionär Michael Grabner spricht im ÖSTERREICH-Interview über die Corona-Krise in Amerika, seinen derzeitigen Alltag, die aktuelle Saison und junge Österreicher.

Seit dem 12. März ist die NHL-Saison unterbrochen. ÖEHV-Legionär Michael Grabner und seine Arizona Coyotes hängen in der Warteschleife. Ob es dieses Jahr noch einen Stanley-Cup-Champion geben wird, ist offen. Vorerst genießt Grabner mit Frau Heather und den Kindern Aiden und Olivia Lee in Scottsdale die ungewohnte Freizeit.

ÖSTERREICH: Michael, wie geht es Ihnen und Ihrer Familie?

Michael Grabner: Danke, gut. Wie bei allen anderen ist es auch ein bisschen langweilig und immer das Gleiche. Aber wir sitzen alle im gleichen Boot.

ÖSTERREICH: Wie sieht der Alltag im Hause Grabner derzeit aus?

Grabner: Wir haben schon einen guten Tagesablauf. Unter der Woche müssen die Kinder ihre Hausaufgaben am Computer machen. Danach spielen wir draußen oder sind im Pool. Ich war auch golfen, ein paar Plätze haben offen. Da wird jedes Auto desinfiziert und auch beim Ballrausholen gibt es Vorsichtsmaßnahmen, aber es ist doch etwas Ablenkung. Sonst gehe ich nirgendwo hin. Seit das begonnen hat, war ich in keinem Geschäft.

ÖSTERREICH: Haben Sie neue Interessen entdeckt?

Grabner: Ich informiere mich mehr über Politik, jetzt kenne ich mich ein bisschen besser aus, wie das hier läuft. Es ist etwas komisch, aber auch interessant. Man stellt sich schon ein paar Fragen.

ÖSTERREICH: Welche Fragen stellen Sie sich?

Grabner: Ich muss sagen, dass ich mit Politik nichts am Hut hatte. Ich weiß auch nicht, wie in Europa oder Österreich darüber berichtet wird, aber es sind fragliche Dinge dabei. Wenn Donald Trump im TV spricht, hat man den Eindruck, dass sie alles versuchen. Er will natürlich nicht, dass Menschen sterben, und will alles daran setzen, dass sich jeder sicher fühlt und sein Geld bekommt. Sobald du das TV abschaltest, liest man nur, was Trump falsch macht und alles wird ins Negative gedreht.

Ich habe mir das als Außenstehender angesehen und mir kommt vor, dass das einen politischen Hintergrund hat. Da passt irgendetwas nicht zusammen. Ich habe gedacht, dass die Krise das Land vielleicht näher zusammenbringt, aber es scheint nicht so zu sein. Jetzt kommt hier auch das Thema Impfungen auf. Ich bin nicht gegen das Impfen und hoffentlich rettet es viele Leben. Aber meine persönliche Meinung ist, dass jeder die Freiheit haben muss, zu entscheiden, ob er sich impfen lässt oder eben nicht.

ÖSTERREICH: Haben Sie darüber nachgedacht, nach Österreich zu kommen?

Grabner: Meine Kinder haben zwar den österreichischen Pass, aber meine Frau nicht. Umgekehrt habe ich den amerikanischen Pass nicht. Wir warten hier ab und schauen, wie lange das noch so gehen wird. Im Sommer würde ich schon gerne ein bisschen nach Hause kommen, Familie und Freunde sehen.

ÖSTERREICH: Wie halten Sie sich derzeit fit?

Grabner: Ich trainiere unter der Woche jeden Tag. Letztes Jahr habe ich mir in meinem Haus ein eigenes Fitnessstudio gebaut - meine beste Investition. Da kann ich alles machen. Im Endeffekt ist es derzeit wie in der Sommerpause.

ÖSTERREICH: Denken Sie, dass die Saison in der NHL noch zu Ende gespielt wird?

Grabner: Die Liga hat verschiedene Szenarien, aber es kommt darauf an, was die Länder entscheiden. Da warten noch einige Dinge, wie zum Beispiel das Reisen. Wir werden davor auch noch Training benötigen, immerhin waren wir schon über einen Monat nicht auf dem Eis. Wenn es irgendwie weitergeht, wird die nächste Saison später anfangen.

ÖSTERREICH: Was halten Sie vom Plan, die Play-offs im August, also im Hochsommer, zu absolvieren?

Grabner: Viel früher wird es nicht gehen. Aber ich glaube nicht, dass dann Fans in der Halle sein können.

ÖSTERREICH: Wie schätzen Sie Ihre Saison ein?

Grabner: Die war nicht berühmt. Ich hatte einen guten Start, vielleicht nicht von der Statistik her, aber ich hatte in den ersten 20 bis 25 Spielen viele Chancen. Dann habe ich mich am Rücken verletzt und bin nicht mehr so in Schwung gekommen. Es läuft leider nicht jedes Jahr gleich.

ÖSTERREICH: Mit Marco Rossi könnte bald ein weiterer Österreicher in der NHL spielen. Was denken Sie über ihn?

Grabner: Ich habe ein paar Sachen gelesen, die Scouting-Reports verfolgt. Man sieht, dass er viel Talent hat und ein ehrgeiziger Bursche ist. Er hat eine sehr starke Saison abgeliefert, hat klare Ziele und wird Erfolg haben. Außerdem freut es mich, dass bald ein neuer Österreicher in die Liga kommt. Mit Marco könnten wir den nächsten großen Star bekommen.

ÖSTERREICH: Auf der anderen Seite ging die große Karriere von Thomas Vanek zu Ende

Grabner: Er war ein unglaublicher Spieler und hat viel erreicht. Nur der Traum vom Stanley Cup ist nicht in Erfüllung gegangen, aber das schaffen nicht viele. Er will sich jetzt auf die Familie konzentrieren.

ÖSTERREICH: Hat der Werdegang von Vanek auch Sie etwas beeinflusst?

Grabner: Er ist früh nach Nordamerika gegangen und das hat mir sicher geholfen, den Schritt zu wagen. Hoffentlich kommen einige junge Österreicher in die NHL. Es ist ein langer, harter Weg, aber es gibt ein paar, die die Chance haben.

Interview: Benjamin Pfeifer

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